Heute war ich unterwegs um endlich meinen Bank Account zu eröffnen. Den brauche ich hier unter anderem um eine “Sozialversicherungsnummer” bzw. “Sin-Number” zu erhalten um damit wiederum Arbeiten gehen zu können.
Vorher war ich noch kurz in einem kleinen Café/ Shop hier in Okotoks: SweetGrass (sweetgrassdeli.com). Das gehört einem Bekannten meines Bruders, der vor einigen Wochen Verstärkung für sein Team suchte. Leider war ich zu spät und er hat die Stelle bereits besetzt. Er mache den Laden am Sonntag aber ohnehin erstmal für 2 Wochen zu weil er selbst in Urlaub fahre, ich solle mich danach nochmal melden.
Währendessen zog sich draußen vor der Tür ein echtes Unwetter zusammen. Das war jetzt nicht so ungewöhnlich. Das passierte die letzten Tage mindestens genauso oft wie in Deutschland. Hier verzieht sich das schlechte Wetter aber immer sehr schnell wieder. Als die Blitze vom Himmel zuckten bin ich aber dann doch lieber ins Auto geflohen anstatt zur Post zu laufen.
Trotz des Wetter bzw. weil ich annahm, es würde eh gleich wieder besser werden bin ich in meiner To-Do-Liste den nächsten Punkt angegangen: Bankaccount.
Bei der Bank angekommen (es war 16:15 Uhr – 17 Uhr schließen sie) half mir eine Mitarbeitern – freundlich wie alle Kanadier – gleich weiter. Als ich merkte, dass ich wohl doch etwas spät dran war heute, räumte sie meine Bedenken gleich wieder aus dem Weg und verwies mich zu einer freien Mitarbeiterin. Diese – ebenfalls sehr nett – nahm dann meine Daten auf. Leider hatte ich einige Unterlagen nicht dabei, weil ich nicht wusste, was alles nötig war. Deshalb hab ich morgen nochmal einen Termin mit ihr. Während unseres Gesprächs fing es von draußen plötzlich an zu “schießen”. Wir erschraken. Aber es waren “NUR” Hagelkörner. Aber was für welche und mit welcher Geschwindigkeit. Innerhalb der nächsten 10 Minuten goss es und hagelte, was runterkommen konnte. Der Parkplatz verwandelte sich in einen kleinen Swimmingpool der in der Mitte recht tief zu sein schien. Und immer tiefer wurde. Der Abfluss in der Mitte war schon lange nicht mehr sichtbar. Alle Mitarbeiter und Kunden der Bank drängten sich am Fenster. Die meisten fürchteten um ihre Autos. Gut, ich auch. Aber bei den Wassermassen die sich draußen entwickelten waren die Hagelkörner nur zweitrangig für mich. Ich sollte evtl noch erwähnen, dass es 25 Grad bei wunderschönem Sonnenschein den Tag hatte – bis vor zwanzig Minuten. Rausgehen war auf jeden Fall momentan keine Option. Das hätte schlimme Kopfverletzungen gegeben.
Als drei Frauen neben mir es wagten und Richtung Ausgang steuerten, lief ich einfach mit (der Herdentrieb eben).
Aber als ich den ersten Schritt in die Hagel-Schneemasse vor der Tür setzte, war es, als würde über mir ein immens großer Eimer sehr kalten Wassers ausgeschüttet werden und ich war innerhalb 1 Sekunde tratschnass….. Das war mal eine Dusche. Schnell laufen musste ich jetzt nicht mehr (konnte ich auch nicht wegen dem Eis unter meinen Ballerinas). Nass war ich ja ohnehin schon.
Im Auto angekommen, überlegte ich weiter: Sitzen bleiben und warten oder los fahren und hoffen, daheim anzukommen.
Nach 5 Minuten fuhr ich auf gut Glück los. Bereits an der ersten Kreuzung bekam ich einen Schock: Die war total überflutet. Ich stand bereits in hohem Wasser, aber die Kreuzung….
Jetzt versuchte ich immer dahin abzubiegen, wo die wenigsten Überschwemmungen waren. Nach drei wirklich ERSCHRECKEND überflutenten Kreuzungen bei denen ich durch einen FLUSS fuhr und bangte darin gleich mit meinem Auto zu schwimmen, pochte mein Herz sehr und ich versuchte einfach nur hoch zu fahren. Nicht mehr Richtung Nachhause sondern auf höhere Ebenen von Okotoks zu kommen. Wenn der Beetle nicht schwomm rutschte er um die Kurven. Es war beängstigend. Ach ja: Auf meiner To-Do-Liste stand unter
- Sweetgrass
- Open a Bankaccount
- Refill the Car!
Das hätte ich besser mal an erste Stelle gesetzt. Die Nadel neigte sich bedrohlich nah dem Ende. Aber jetzt tanken?! Ich will nur noch heim….
Ich rettete mich schlussendlich auf den Cosco-Parkplatz. Leider wusste ich nur so ungefähr, wie man von hier wieder Nachhause kam. Aber daran war ohnehin noch nicht zu denken. Langsam sammelten sich auch an einigen Stellen Polizeiwagen, die Kreuzungen absperrten, die nicht mehr zu befahren waren.
Ich ging erstmal ins nächste Geschäft und merkte wie ich in den nassen Klamotten fror. Ich sollte dringend bei Martin zuhause anrufen, damit die wissen, ich lebe noch. Aber mein Handy hatte ich natürlich vergessen.. Super!!!
Nach 15 Minuten beruhigte sich das Wetter endlich und die dunklen Wolken verzogen sich. Ich wagte es erneut und fuhr los. Aber schon an der nächsten Kreuzung ging nichts mehr. Autos kamen im Rückwärtsgang zurückgefahren. Ich parkte erneut zwischen – diesmal auf dem Parkplatz des Best Western Hotels. Wenn ich gar nicht heimkomme heute… hier gibts bestimmt noch ein Zimmer.
Weitere 15 Minuten später beobachtete ich wie ein sehr viel kleineres Autos als meines durch die Kreuzung fuhr und drüben gut ankam. Da wagte ich es auch. Und es klappte. Aber fragt nicht, was das noch für eine Fahrt war. Durch Flüsse, richtige WELLEN auf den Straßen, die vom Gegenverkehr auf meine Fahrbahn zukamen bis hin zu eisglatten Straßen…. achso ja: Und der leere Tank!
Oh MANN! Ich war fertig. Fix und fertig. Mit leerem Tank und zitterten Händen kam ich endlich an.
Der wunderschöne Garten meines Bruders – Arbeit von Monaten – war total zerstört. Die Blätter der Bäume und Sträucher hat es einfach in der Luft zerrissen und alle Blumen und Pflanzen sind nur noch Kompost….. traurig.
Aber zumindest ist uns allen nichts passiert. Die Kinder haben alles am Fenster mit Videokamera verfolgt.
Was schon lustig ist an der ganzen Sache:
Die Leute hier schippen in kurzen Hosen, Unterhemd und teilweise aber skurilerweise mit Wollmütze auf dem Kopf Schnee…….