Vereinte Familie

Vor ein paar Wochen hatten wir das wunderbare Glück unsere Eltern bzw. Großeltern hier in Calgary am Flughafen abholen zu dürfen. Wir hatten so viel vor mit ihnen, doch die Zeit vergeht einfach zu schnell. Ich denke, sie hatten trotzdem eine fantastische Zeit bei ihren Kindern und Enkeln hier.

Anfangs hab ich ihnen ein bisschen was von Calgary gezeigt. Leider bin ich wohl schon ganz Kanadier. Denn wenn dir ein Kanadier sagt, dass etwas gleich um die Ecke – also nicht weit – ist, dann musst du da schon anders denken als in Deutschland. Um die Ecke kann hier so 2 Stunden entfernt sein.

Als ich meine Eltern zu einem Spaziergang eingeladen habe, ist aus dem Spaziergang ein 3-stündiger Marsch durch einen Teil von Calgary geworden. Gut. Man muss auch sagen, in diesen 3 Stunden waren wir immerhin auch frühstücken, aber so richtig aus dieser Zeitnummer bin ich ihren ganzen Urlaub hindurch nicht mehr rausgekommen. Wenn ich fragte, ob jemand ein kleinen Spaziergang machen möchte, war die Begeisterung nicht sehr groß.

Bow River Walk in Calgary

Papa ist in seinem Element. Er sammelt Steine um sie für Massagen zu verwenden. Na, die Kofferverfrachter am Flughafen werden ihre Freude haben.

Natürlich gab es auch zahlreiche Lagerfeuer bei meinem Bruder im Garten. Das darf in unserer Familie nicht fehlen.

Auch hat mein Papa sich mal umgeschaut, was es für Unterkünfte hier in Kanada gibt.

Schon ziemlich am Anfang ihres Urlaubs hab ich sie zu einer Wandertour geschleift. Ich habe hier einen Beitrag über eine Wanderung mit dieser Gruppe geschrieben, wenn ihr euch noch erinnert. Das war letzen November glaube ich. Tja, seitdem hatte ich es nicht mehr geschafft zu einer weiteren Wanderung mit ihnen zu gehen und hab es sehr vermisst. Da hab ich mir gedacht, wir könnten ja alle zusammen mitkommen und einen tollen Tag in den Bergen genießen. Gesagt – getan.

Es ging – schon mit etwas Verspätung – zum vereinbarten Treffpunkt mit der Wandergruppe und dann eine Stunde Fahrtzeit in die Rocky Mountains, nach Kananaskis. Das war schon etwas lang die Anreise. Ich war mir nicht ganz sicher, ob mein Sprit dafür reichen wird. Aber hat alles geklappt. Endlich am Ausgangspunkt angekommen waren wir alle schon sprachlos. Schaut euch diese Berge und diese Farben an!

Es konnte also losgehen. “Der Berg ruft!” Zu meiner Verteidigung möchte ich vorab schon mal erwähnen, dass ich – wie bereits gesagt – erst einmal mit dieser Gruppe gewandert bin und da war es recht angenehm und nicht allzu schwierig…

In den ersten 5 Minuten sind wir bereits von allen anderen (insgesamt um die 25) abgehängt worden und ich hatte Panik den Anschluss zu verlieren. Also hab ich hier bereits schon angefangen, meine Eltern zu bitten doch einen Gang höher zu schalten damit wir nicht verloren gehen. Begeistert waren sie nicht! 😉

Die Natur und die Aussicht war der Wahnsinn. Einfach fantastisch. Wobei es schon eine ganze Ecke stets bergauf ging. Nach ca. 20 Minuten kam die Gruppe an einem Bergbach an. Weit und breit keine Chance ihn zu umgehen. Da mussten wir jetzt sprichwörtlich durch. Das war der Moment, an den wir noch lange lange denken werden als Familie. Mein lieber Papa hat – ganz Gentlemen – meiner Mama beim Überqueren helfen wollen. Nur anstatt sie sicher zu halten und sie trocken ans andere Ufer zu bringen ging sie baden. Ganzkörper! Im eiskalten Bergbach!!!

Am Ende war mein Papa noch staubtrocken und meine arme Mama – vollgepumpt mit Adrenalin – tratschnass. Und das nach der morgendlichen Anreise und dem Aufstieg. Jeder dachte das Gleiche: “Jetzt geht es wieder zurück zum Auto. Das war´s. Sie wird keinen Schritt mehr weitergehen.”

Doch da hat sie uns allen gezeigt, was in ihr steckt. Nichts da aufgeben! Mit ein paar trockenen Sachen versorgt ist sie 2 Minuten später mutig weitergewandert! Wir waren ganz schön baff. Uns hat es nur beim Durchlaufen des Bergbaches fast die Waden abgefroren. Es war so kalt, dass du dachtest ein wildes Tier beißt dir in die Waden! Ich hätte mit 100% Sicherheit einen Herzinfarkt gehabt, wenn ich in diesem eiskalten Wasser gelegen hätte. Aber wie meine Mama in den darauffolgenden Wochen immer wieder widersprach: “Das war nicht kalt!” Adrenalin ist schon eine tolle Sache! Meinen allergrößten Respekt Mama! 🙂

Wer jetzt glaubt, das wäre der schwierigste Part dieser Wanderung gewesen, den muss ich enttäuschen. Danach ging es über riesige, scharfkantige Felsbrocken, die sich mit Eisschichten abwechselnden. Es kam mir eher vor wie in einem Überlebensparcours.

Wenn man nicht aufgepasst hat, ist man auf den Eisplatten ausgerutscht oder einfach durchgebrochen und mit dem Bein an scharfen Felsbrocken entlang geschrammt.

Nach einem unendlichen aber atemberaubenden Aufstieg auf den Mount Arethusa (2912 m) wurden wir dann mit diesem Ausblick belohnt:

Oben angekommen, gab es Picknick für uns und noch mehr trockene Klamotten für meine Mama. Die Kanadier sind einfach so hilfsbereit. Es war wie bei der Kleiderspende. Von allen Seiten kamen Beiträge: Eine Hose, trockene Strümpfe, eine Mütze. Kanadier sind wohl immer für den Ernstfall vorbereitet.

An diesem Bergbach gab es noch ziemliche warme Bärenspuren! Überhaupt war die Gruppe den ganzen Tag bemüht alle beisammen zu halten, da gerade Bärenwarnung in der Region war. Auch wenn jeder Urlauber in Kanada gerne einen Bären in freier Wildbahn sehen möchte ändert man dann doch recht schnell seine Meinung während man durch einsame, verdächtig stille Wälder wandert. Ich möchte ihm bitte nicht begegnen.

Überglücklich es auf den Gipfel geschafft zu haben und noch am Leben zu sein gab es dann tolle Fotos mit frohen Gesichtern.

Kanada – wir lieben dich!!!

Auch der Abstieg war nicht einfach. Wenn auch eine andere – nicht so schwierige –  Route genommen wurde:

Aber alles mit Spaß und guter Laune.

Die Wandergruppe ist einfach fantastisch. Jeder schaut auf jeden und egal wie schnell manche sind, es wird immer auf die Langsamsten geachtet und angepasst. Also an uns 😉

Der Tag war gefüllt mit ATEMBERAUBENDER Natur und dem Gefühl, wieder einmal zu wissen, warum man im schönen Kanada ist.

So schnell wird wohl keiner mehr mit mir wandern gehen. Aber ich finde es hat sich gelohnt und war die Mühe wert. Ein Bild zusammen mit so erschöpften aber glücklichen Eltern bekommt man nicht alle Tage zustande 🙂

Auf unserer Heimfahrt haben wir dann tatsächlich den Traum aller Urlauber erlebt. Ein echter Grizzly! Direkt vor unseren Nase.

Und das im wunderbar geschützten Auto! Was war ich froh, dass er uns nicht mitten im Wald “Hallo” sagen wollte.


Auf das ihr ganz bald wiederkommt. Es war so schön euch hier zu haben und mit euch Zeit zu verbringen!

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